„Hallo ich bin Conny, was Sie sich leichter merken können.“ Mit diesem Satz stell ich mich jedem neuen Patienten vor.
Ich arbeite derzeit im Wichernkrankenhaus des evangelischen Johannesstift in Berlin. Ein Fachkrankenhaus für geriatrische Reha. Auf meiner Station gibt es eine Abteilung für palliative Pflege.
Wie ich zur Pflege gekommen bin, ohje, lange her J
Ab der 4. Schulklasse war ich „Junger Sanitäter“ (heute heisst das Jugendrotkreuz) Später hab ich dann aktiv im Sanitätsdienst den Katastrophenschutzes in meiner Heimatstadt Köthen mitgearbeitet – ehrenamtlich. Da war die Entscheidung schon in die Wiege gelegt, was ich später mal lernen will.
Ich hab von 1994 bis 1998 meine Ausbildung zur (damals hiess es noch so) staatlich examinierten Krankenschwester gemacht, in Halle (Saale). Beruflich hab ich mich dann eher für Altenpflege entschieden und hab viele Jahre in Pflegeheimen gearbeitet.
s.o. J mit kurzzeitigen Unterbrechungen aus privaten Gründen.
siehe Frage 2: Nein, ich habs nie bereut, auch wenns Tage gab, wo mich alles angekotzt hat.
Da hat sich so einiges verändert. Gesetze, Berufsbezeichnung, Hierarchien wurden kleiner. Und natürlich ich selbst hab mich verändert / weiterentwickelt.
Definitiv ja. Ich hab Menschen kennen- und auch lieben gelernt. Ich hab viele Menschen sterben sehen und mich im Nachhinein gefragt, was hätte ich tun können? Hab ich alles getan, damit es Ihnen gut ging auf dem letzten Weg? Ich hab Kollegen beobachtet, wie sie mit kranken Menschen umgehen. Viele hab ich bewundert, und gedacht – das will ich auch so machen. Also hab ich mich entschieden Validation zu lernen. Ich hab mich dazu entschieden in der palliativen Pflege zu arbeiten. Ich habe junge Menschen begleitet während der Ausbildung, habe gesehen wie verunsichert sie zum Teil sind, ergo hab ich Praxisanleiter gelernt.
Ich lerne jeden Tag etwas dazu, und wenn ich merke, dass ich mir nicht mehr 100% sicher bin in dem was ich tue, weil man ja doch einiges vergisst, was man lange nicht getan / gebraucht hat – dann frische ich es auf bzw. lerne es eben nochmal neu. Auch von Azubis kann man noch lernen.
Grenzsituationen in allen Formen und Farben. Kollegen, die kurz vorm ausrasten sind in schwierigen Situationen und kurz vor Gewaltanwendung stehen – bei sowas kann ich nicht tatenlos zusehen, das prägt einen, wenn auch nicht gerade positiv.
Abgestumpftheit. Sichtbar vor allem in Dienstübergaben: Frau X war nix, hat geschlafen. Herr Y ist ja tot. Und Frau Z hat geschlafen. Kommt gut sowas nach 2 Wochen Urlaub mal beiläufig zu erfahren, nachdem man den Menschen schon einen langen Zeitraum begleitet hat.
Heimbewohner, die geweint haben, als ich Ende letzten Jahres gesagt habe, dass ich gekündigt habe, weil ich wieder im KH arbeiten will. Ein Zeichen, dass sie mich doch mögen und ich ein Teil ihres Lebens (gewesen) bin.
Kleinigkeiten wie z.B. eine Beschwerde eines Patienten über eine Kollegin. Zitat: „Sie soll uns doch helfen gesund zu werden und nicht helfen zu funktionieren, wie sie es möchte.“
Wenn Patienten unkooperativ bzw. nicht einsichtig und man immer wieder das gleiche erzählen muss (nicht ohne Schuhe aufstehen, bitte klingeln usw.) sind bzw. Angehörige nicht das gleiche wollen wie der Patient.
4-Bett-Zimmer. Bett 3 klingelt, spricht kaum deutsch, also Hände und Füsse zur Kommunikation benutzen. Bett 4 spricht sehr laut dazwischen. Und hinter mir Bett 1 und 2 versuchen Bett 4 zu übertönen und zu beruhigen, damit ich mich auf Bett 3 konzentrieren kann.
Ich bin ein Workaholic. Je mehr Arbeit, umso wohler fühle ich mich J
Ich mag kleine Erfolgserlebnisse. Das Lächeln eines Patienten, dass mir DANKE sagen soll. Eine gut gelaufene Praxisanleitung mit einem Schüler der doch solche Prüfungsangst hatte. Ein Küsschen auf die Wange als Dank für saubere Fingernägel J
Siehe Frage 9. Ein wenig Leid gelindert und schon fühl ich mich auch gut. Ja ich weiss, Helfer-Syndrom J
Am Beruf selbst gibt’s nix zu meckern, eher an den Klischees, die immer wieder breitgetreten werden. Ich habe mal jemanden kennengelernt, dem hab ich erzählt, dass ich Krankenschwster gelernt hab, und dass ich im Altenheim arbeite. Seine Frage: „Und wieso in die Altenpflege abgerutscht?“ Nix abgerutscht, bewusst gewählt. Und wer das nicht versteht, dem wünsche ich, dass er nie alt wird und Hilfe braucht.
Ich mag es nicht, wenn Patienten und Angehörige uns als Sklaven / Zimmermädchen usw. ansehen. Respektlosigkeiten alleine im Umgangston/der Anrede verbitte ich mir.
Ein Satz aus meiner Lehrzeit, der mich bis heute begleitet: „Mach es genauso, wie du es auch haben möchtest.“ Überlegt euch genau, wie ihr behandelt werden möchtet, wie ich angesprochen werden möchtet und genauso lebt es auch.
Ja, definitiv. Schulzeit ist lange her, also rein fachlich gesehen kann ich von Azubis noch was lernen. Und auch wenn es Tage gibt, die mich ankotzen, kann ich mich von der Motivation mit der die Azubis und die jüngeren Kollegen an die Arbeit rangehen, anstecken lassen und wieder erkennen, wieso ich diesen Beruf so liebe.
Es geht nix über 30 Jahre Berufserfahrung in Kombination mit frischem Schulwissen. Beides ergänzt sich prima. Seh ich täglich auf Arbeit.
Dass ich nie vergesse, wieso ich diesen Beruf gewählt habe J
Personalschlüssel sollten überdacht werden. Es geht nicht an, dass 38 Pat. Von 4 PK und 1 PFK oder noch weniger betreut werden, nur weil sie alle Pflegestufe 1 haben, aber doch sehr viel Zeit beanspruchen, weil sie u.a. auch dement sind.
Heimaufsicht und MDK und wie die ganzen Institutionen heissen sollten mehr praxisbezogen denken und arbeiten, es sollte Individuallösungen geben. Wir sollten auch mal über Staatsgrenzen hinaus sehen, wie unsere Nachbarn das so regeln. Z.B. Schweiz.
Zusammenwerfen der Ausbildungen von allen Pflegeberufen ohne Unterschiede der Fachrichtungen? Der letzte Schrott.
Wünsch euch allen, dass ihr in Zukunft gesund bleibt und rüstig im Alter. Wenn ihr dann doch mal Hilfe brauch, dann wünsche ich Euch liebevolle Menschen, die euch begleiten und nicht alleine lassen.
Vielen Dank für deine Zeit! LG und Danke.
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